Wie du trotz Niederlagen deinen Weg gehen kannst

Ich habe genaue Vorstellungen für mein Leben – nicht unbedingt, wo ich in drei Monaten oder fünf Jahren sein werde oder was ich dann machen werde, aber ich weiß, was mir im Leben wichtig ist und WIE ich leben möchte.

Ich möchte den Großteil meiner Zeit an Orten verbringen, an denen ich mich wohlfühle, mit Leuten, die mir wichtig sind, und mich mit Dingen beschäftigen, die mir etwas bedeuten. Das heißt natürlich nicht, dass es 365 Tage im Jahr Sonnenschein geben muss. Es darf auch anstrengend und stressig werden und es darf auch mal schwierige Zeiten geben. Mein Leben soll von diesen Zeiten aber nicht dominiert werden. Ich möchte das Leben als Geschenk sehen und genießen können.

Ein Sturm zieht auf…

Mit dieser Vision vor Augen gehe ich zuversichtlich in die Zukunft und kann mich auch bei Gegenwind gut behaupten. Nur manchmal passiert es dann eben doch: Aus dem Wind, der mir entgegen bläst, entwickelt sich ein handfester Sturm. Hält dieser nicht allzu lange an, ist das alles auch kein Drama. Es geht weiter. Doch es gibt Zeiten im Leben, da entwickelt solch ein Sturm eine schier unglaubliche Kraft. So stark, dass es einem einfach nicht möglich ist voran zu kommen. Schlimmer noch, es wird ein Tornado, der dir die Füße unter dem Boden weg- und dich mitreißt. Auf einmal befindest du dich nicht mehr auf dem eingeschlagenen Pfad, den du doch so lange gegangen bist. Du bist überall und nirgendwo. Orientierung ade. 

Manchmal kann das gut sein. Dein Leben wird auf den Kopf gestellt und man muss sich neu aufstellen. Erst wirkt diese große Veränderung befremdlich, doch mit der Zeit merkt man, dass es genau das war, was man gebraucht hat. So war es damals, als ich schwanger wurde. Ich wurde komplett aus meinem damaligen Leben gefegt. Mitten im Tornado entschloss ich mich, ruhig zu bleiben und erst einmal zu sehen, wohin mich diese Reise bringt. Als der Sturm nachließ, eruierte ich meine Situation und informierte mich über alle möglichen Alternativen. Vom Sturm abgesetzt an einem mir unbekannten Ort, fand ich einen Weg, der mich meine Vision wieder sehen ließ. Dass dieser neue Weg viel aufregender und bunter war als der vorige, ließ mich für den Tornado danken, der mich auf diese Bahn gelenkt hatte.

Manchmal gibt es aber Stürme, die einem jegliche Kraft rauben und von denen man glaubt, sich nie wieder erholen zu können bzw. seine Vision begraben sieht. 

In meinem Fall nennt sich dieser Wirbelsturm gerade Arbeitslosigkeit. Mit meiner Vision vor Augen stürzte ich mich nach meinem Abschluss voller Zuversicht in die Bewerbungsphase. Ich bewarb mich anfangs auch auf Stellen, die nicht wirklich zu mir passten. Ich wurde eingeladen und bekam sogar die Zusage, entschied mich dann aber doch dagegen. Es wäre nicht das Richtige gewesen. Mit der Zeit entwarf ich eine genauere Idee für meinen zukünftigen Berufsweg. Nur leider wurde damit die Auswahl kleiner. Die ersten starken Böen kamen auf. Ein paar interessante Stellen fand ich dann doch. Zusagen ließen aber auf sich warten. Die Böen entwickelten so langsam Orkanstärke. Auf meinem Weg weiter zu gehen, erforderte deutlich mehr Kraft. Aber ich biss die Zähne zusammen und weiter ging’s. Es schien so, als würde der Sturm langsam nachlassen, denn ich bekam positive Rückmeldungen auf einige Bewerbungen und neue Optionen ergaben sich. Doch das sollte nur die Ruhe vor dem Tropensturm sein, der noch einmal alle seine Kräfte mobilisierte, um dann vollends zu zuschlagen. Die Jobinterviews liefen gut, letztlich eingestellt wurde ich nicht. Auch die vorher sich so vielversprechend anhörenden Optionen verliefen im Sand. Auch wenn ich Widerstand leistete, hatte ich keine Chance, ich wurde einfach weggerissen. 

Irgendwann landete ich hart auf dem Boden der Tatsachen: immer noch arbeitslos, keine neuen, interessanten Jobs, die kleinen Mini-Tätigkeiten waren weder zeit-, sinn-, noch Portemonnaie füllend und keine Aussicht auf Veränderung. So saß ich mal wieder abgeworfen im Nirgendwo und musste mich aufmachen, meinen Weg zu finden. Und dann fand ich ihn – zumindest dachte ich das bis sich herausstellte, dass es sich um eine Sackgasse handelte. Und so lief ich und kam doch nirgends an. 

Lost

Jetzt kommt wieder meine Vision, meine Idee vom Leben ins Spiel. Ich wusste noch immer wie diese aussah, ich musste ja nur wieder meinen Weg finden. Aber wenn man gefühlt eine Ewigkeit auf den Beinen ist, seinen Lebenstraum und sich völlig aus den Augen verliert und sich verrennt, wird man irgendwann lahm und kraftlos. Dann fragt man sich, ob vielleicht ein anderer Weg der richtige ist, auch wenn man sich nicht zu 100% wohl auf diesem fühlt. Hin und wieder beschleicht einen das Gefühl doch seinen ursprünglichen Pfad suchen zu müssen, denn er kann ja nicht weg sein, aber dann meldet sich das Verantwortungsbewusstsein: Man muss doch an seine Familie denken. Wie könne man denn als orientierungslose Person, seine Kinder sicher geleiten? Und man muss doch auch als gutes Vorbild voran gehen. Wie soll das gehen, wenn man nicht vorankommt? Dann melden sich liebe Personen, die nur das Beste für einen möchten: Man müsse an die Zukunft denken. Will man denn ewig nur hin- und herrennen und letztlich nirgends ankommen und auf der ewigen Suche vor Erschöpfung oder sonstigem kläglich krepieren? Und dann ist da noch das eigene Ego: Man wird immer älter und was hat man erreicht? Von welcher Leistung kann man stolz berichten?

Also wieder auf den Weg begeben, der am naheliegendsten scheint? Der zwar von meinem Lebenstraum so sehr abweicht, aber immerhin komme ich doch dann voran, oder? Ich stehe also im Nichts und habe die Möglichkeit diesen Weg zu gehen, der sich für mich nicht gut anfühlt, aber die aufgeworfenen Fragen besänftigend beantworten könnte. Ich habe natürlich auch die Option mich verzweifelt fallen zu lassen, mich zu bemitleiden und mich dieser Situation völlig auszuliefern und zu brechen. Oder ich habe die Möglichkeit, der winzigen Hoffnung, die noch in mir ist, Raum zu geben und wachsen und gedeihen zu lassen und mich einfach aufzumachen, einen Weg zu finden, auf dem ich mich wohl fühle. Auch wenn das heißt, dass ich viele Kilometer gehen muss, nur um festzustellen, dass es die falsche Richtung war. Auch wenn das heißt, dass ich erst einmal einen anderen Weg einschlage und jede Chance wahrnehme, einen neuen Weg zu gehen, um irgendwann wieder bei meiner Vision anzukommen. Es kann auch heißen, dass ich mir zur Not unter Tränen und Schweiß meinen eigenen Weg bahne. Es wird hart, es wird anstrengend, aber ich finde meinen Weg. Davon bin ich überzeugt. 

Konkret heißt das, dass alle Fragen berechtigt sind, vor allem diese, die im Zusammenhang mit mir als Mutter stehen. Ich habe die Verantwortung für kleine Wesen ich bin nicht mehr nur ich.

Denn ja, als es nur mich gab, existierten gefühlt immer eine Vielzahl an Möglichkeiten, seinen Weg zu gehen. Ich musste nur etwas flexibel sein. Diese Flexibilität ist mit Kindern (oder Tieren, pflegebedürftigen Angehörigen, Krankheiten, Schulden etc.) eingeschränkt. Aber es ist trotzdem möglich. Vielleicht nicht in einem so schnellen Tempo wie zuvor, vielleicht auch nicht in solch einem Ausmaß wie zuvor, aber es ist möglich. Auch hier ist das Zauberwort Flexibilität. Jetzt muss man vielleicht hin und wieder mal Kompromisse eingehen, aber solche, die es wert sind und die nicht die selbst gesetzten und für gut befundenen Prioritäten umstürzen.

Wo wir beim Umstürzen sind: Auch ein Sturm kann wieder aufkommen. Doch keine Angst davor! Der Schlimmste Fall, der eintreten kann, ist, dass man erneut in einem Wirrwarr landet und seinen Pfad weit und breit nicht erblicken kann. Man steht also wieder da. Aber diesmal weiß man, dass es immer einen Weg gibt, auch wenn es anfangs nicht der direkte Weg zum Ziel ist. Man sucht eine Route, die halbwegs zu einem passt und nutzt die Gelegenheiten, die sich auf dieser ergeben und zur Not erschafft man sich seinen eigene eben selbst. Dass das alles andere als einfach ist, ist klar. Klar ist aber auch, dass es sich lohnt!

Auf die Haltung kommt es an

Als ich damals schwanger wurde, empfand ich den Sturm doch als weniger heftig im Vergleich zur aktuellen Situation – obgleich die Umstände definitiv lebensverändernder waren. Der Unterschied lag vielleicht darin, dass ich keine Wahl hatte. Ich musste in dieser neuen Umgebung klar kommen und diese annehmen. Ich musste einen Weg in all dem Chaos, das dieser Sturm zurückgelassen hatte, finden. Und vielleicht sollte ich in solchen Situationen viel häufiger so reagieren, sie akzeptieren und daraus einen Weg enstehen lassen.

Ich bewerbe mich jetzt auf für mich nicht ganz so interessante Stellen – allerdings nur halbtags. Auf diese Weise kann ich die Fragen, die mich persönlich drängen, ausschalten. Ich bin tätig, habe eine feste Aufgabe, lerne neue Dinge, steige ins Berufsleben ein und verdiene Geld. Daneben habe ich noch genug Zeit für meine Herzensangelegenheiten und Familie. Momentan ist das die Option, die für mich am besten passt. Das kann sich jederzeit ändern. Aber das ist, was ich aus diesen Erfahrungen mitgenommen habe: Flexibilität, ohne dabei faule Kompromisse einzugehen oder seine Werte zu verkaufen, ist das A und O. Man muss immer wieder seine Vorstellungen anpassen und neu einstellen. Durch bestimmte Lebensereignisse können plötzlich ganz andere Werte vordergründig werden. Nicht zu starr sein, ist hier die Devise.

Dieser Post ist keine Schritt-für-Schritt-Anleitung Niederlagen zu begegnen und an seinen Träumen festzuhalten. Meiner Meinung nach gibt es dafür kein Patentrezept. Jeder Weg ist anders, jede Situation ist anders. Es gibt aber sechs wesentliche Faktoren, die meiner Meinung nach helfen, mit solchen Gegebenheiten umgehen zu können ohne dabei seinen Weg aus den Augen zu verlieren – und beim nächsten Sturm gewappnet zu sein:

  1. Akzeptiere die Situation! Es ist (meistens) erst einmal nicht zu ändern. Dinge, die du nicht beeinflussen kannst, wird es immer geben. Vergeude da nicht deine Kraft. Nimm die nicht änderbaren Umstände als gegeben, als Ausgangspunkt an und lass dich auf diese neue Situation ein.
  2. Sei Flexibel! Stell dich auf die neue Situation ein und hinterfrage deine Vorstellungen und Werte. Vielleicht ist ein anderer Weg ja jetzt genau der richtige für dich.
  3. Die Mühe und der Aufwand lohnen sich! Vielleicht findest du sofort deinen Weg und alles ist paletti, wenn nicht, steck den Kopf nicht in den Sand, sondern krempel die Ärmel hoch und leg los. Ich habe in dieser Zeit meinen Blog aufgebaut und mich mit einigen Programmiersprachen beschäftigt. Das konnte ich an anderer Stelle nutzen.
  4. Solltest du noch einmal zurückfallen, gönn dir eine Pause und ruh dich aus! Auch das ist manchmal notwendig, um wieder zu Kräften zu kommen.
  5. Lass deine Vision nicht aus den Augen! Habe sie mental immer vor dir, dann weißt du, ob es der richtige Weg ist oder nicht. Außerdem wird es dich motivieren weiterzumachen.
  6. Und zum Schluss: hab Vertrauen! Wenn du zurückschaust, wirst du sehen, dass es immer irgendwie einen Weg gab, auch wenn er manchmal steinig war und du am liebsten aufgegeben hättest. Du bist schon so weit gekommen und es geht noch viel weiter. Es erwartet dich noch so viel entlang deines Weges. Hab keine Angst vor dem falschen Weg oder der falschen Entscheidung, es gibt immer wieder Gelegenheiten einen anderen Pfad einzuschlagen.

Wie gehst du mit Niederlagen um? Was ist dein bester Tipp einem Sturm Einhalt zu gebieten oder nach einer Bruchlandung wieder aufzustehen? Ich freue mich über eure Anregungen 🙂